Konflikt­freier Exit von Minderheitsgesellschaftern

Das Ausscheiden von Minder­heits­ge­sell­schaf­tern – ein lang schlum­merndes Thema wird plötz­lich virulent

Aus dem Roman „Momo“ von Michael Ende.

Das Thema eines Exits des Minder­heits­ge­sell­schaf­ters stellt sich ein ganzes Unter­neh­mer­leben gar nicht – um dann oft mit unver­mit­telter Wucht aufzutauchen.

So haben beispiels­weise zwei Gesell­schafter mit einem gewissen Alters­un­ter­schied das Unter­nehmen gegründet und mit dem Errei­chen des Renten­al­ters scheidet einer von beiden als Geschäfts­führer aus.

Sofort entsteht auch auf der Ebene der Gesell­schafter eine neue Konstel­la­tion. Auf einmal werden Themen wie Thesau­ri­e­rung, Ausschüt­tung und Markt­wert von Anteilen aus verschie­denen Perspek­tiven disku­tiert – wo bislang Einig­keit herrschte. Eine lange harmo­ni­sche unter­neh­me­ri­sche Part­ner­schaft droht sich nun schnell zu wandeln.

Der ausschei­dende Gesell­schafter möchte z.B. eine ange­mes­sene Verzin­sung auf sein Eigen­ka­pital erzielen, das nun in Höhe eines mögli­chen Markt­wertes seiner Anteile verstanden wird. Der verblei­bende Gesell­schafter hingegen hat oft eher das Inter­esse, erzielte Gewinne zu thesau­rieren und in das weitere Wachstum zu inves­tieren. Oder die Anteile sollen zu einem fairen, markt­üb­li­chen Preis verkauft werden. Ob hier eine Einig­keit über den Wert der Anteile erzielt wird und die verblei­benden Gesell­schafter einen solchen Preis zahlen können und wollen, kann zu einer sehr kontro­versen Diskus­sion führen.

Ein anderer typi­scher Fall ist die Verän­de­rung der Gesell­schaf­ter­struktur z.B. durch Erbfolge, wenn die Anteile auf Ange­hö­rige über­gehen, die eine andere emotio­nale Bindung zum Unter­nehmen haben als der Unter­nehmer der ersten Gene­ra­tion. Diese Ange­hö­rigen schätzen mögli­cher­weise lang­fris­tiger Unter­neh­mens­ri­siken anders ein oder streben schlicht eine Vermö­gens­di­ver­si­fi­zie­rung an. Auch hier sind Streit­punkte zwischen aktiven und passiven Gesell­schaf­tern zumeist die Höhe der Ausschüt­tungen bzw. der Thesau­ri­e­rung oder dann natür­lich auch die Bewer­tung der Anteile im Falle eines Verkaufs.

Rein recht­lich sind diese Themen oft nicht final zu lösen. Der Gesell­schaf­ter­ver­trag hat oft keine klaren Rege­lungen für das Ausscheiden von Minder­heits­ge­sell­schaf­tern. Er regelt übli­cher­weise was nicht geht – aber stellt keine Mecha­nismen zur Verfü­gung, wie dieses Thema gelöst werden soll. Zum Zeit­punkt der Grün­dung der Gesell­schaft standen solche Fragen nicht im Fokus – und sind auch nach­träg­lich meist nicht mehr ange­passt worden.
Findet man keine gemein­same und konstruk­tive Lösung drohen lange Verhand­lungen mit Anwälten oder gar Prozesse. Emotio­na­lität kommt in den Raum, viel­leicht werden Versuche unter­nommen Gesell­schafter „kalt­zu­stellen“ oder Entschei­dungen der Geschäfts­füh­rung zu torpedieren.

All dies wird letzt­lich weder für das Unter­nehmen noch für die Gesell­schafter zu einer guten Lösung führen. Es belastet alle Betei­ligten und vernichtet Unternehmenswert.

Unser Ansatz – Wege für ein konstruk­tives Miteinander

Uns geht es nun darum aus unter­neh­me­ri­scher und juris­ti­scher Perspek­tive einen konstruk­tiven Weg zu verschie­denen Lösungs­op­tionen zu entwi­ckeln, die dem Vermö­gens­er­halt der Gesell­schaf­ter­an­teile dienen und dem guten Mitein­ander der Gesell­schafter in ihren neuen Rollen, oder bei der Trennung.

Dafür ist in einem ersten Schritt wichtig, alle bisher (nicht konsens­fä­higen) Lösungs­an­sätze einmal auf die Seite zu legen und mit einem weißen Blatt Papier zu starten.

Im wahrsten Sinne des Wortes etwas Abstand nehmen, durch­atmen und in Ruhe einen neuen Blick auf die Situa­tion werfen.

Es gilt zunächst zu verstehen, welche Ziele die Gesell­schafter persön­lich haben – der Ausschei­dende und der Verbleibende.

Wie stellt sich der ausschei­dende Gesell­schafter seine Zeit danach vor? Wie sieht er seine Rolle für das Unter­nehmen? Als „elder statesman“ oder als Berater? Sucht er eine Verzin­sung seiner Anteile als Form von einer Rente? Hat er bestimmte Vorstel­lungen, wer seine Anteile über­nehmen sollte oder könnte? Sucht er eine Lösung, bei der er sich fair behan­delt fühlt – und die das Unter­nehmen nicht belastet? Oder darf nach ihm die Sint­flut kommen?

Und auch für den verblei­benden Gesell­schafter gibt es eine Reihe ähnli­cher Fragen zu klären. Wie sieht sein persön­li­cher lang­fris­tiger Plan als Gesell­schafter aus? Möchte er das Unter­nehmen an die nächste Gene­ra­tion über­geben und in der Familie halten? Und noch einige Punkte mehr.

Die Trans­pa­renz über die persön­li­chen Ziele ist der Schlüssel und Start­punkt zugleich. Nur wenn beide Parteien ihre Wünsche und Erwar­tungen erfüllt sehen, kommt es zu einer trag­fä­higen Lösung.

In einem zweiten Schritt gilt es ein gemein­sames Bild von der Zukunft des Unter­neh­mens zu entwi­ckeln – für jeden Gesell­schafter in seinem urei­gensten Inter­esse. Das Unter­nehmen ist von den Gesell­schaf­tern mit einer Vision gegründet worden – und es sollte auch mit einer Vision über­geben werden.

Wie soll z.B. das zukünf­tige Wachstum finan­ziert werden? Aus eigener Kraft, über Verschul­dung oder die Herein­nahme eines Eigen­ka­pi­tal­part­ners? All dies hat unmit­tel­baren Einfluss auf den Wert der Anteile und die mögliche Struktur der Auszah­lung an den ausschei­denden Gesellschafter.

Es können auch Ideen für die Aufnahmen neuer Gesell­schafter entstehen, wie stra­te­gi­sche Partner oder neue Alli­anzen. Dies könnte einen Verkauf der Anteile zu einem attrak­tiven Preis möglich machen – und gleich­zeitig eine neue Perspek­tive für das Unter­nehmen eröffnen.

Diese gemein­same Perspek­tive liefert dann sowohl die Basis für die Bewer­tung der Minder­heits­an­teile als auch denk­bare Optionen für die Struktur der Auszah­lung. Ganz allge­mein gibt es hier mehrere Optionen, die dann maßge­schnei­dert werden müssen. Sei es der Erwerb der Anteile durch den verblei­benden Gesell­schafter, der Erwerb der Anteile durch die Gesell­schaft selbst oder ein Verkauf der Minder­heits­an­teile an einen Kapi­tal­partner erfolgen.

Alle diese Lösungs­an­sätze funk­tio­nieren nur gemeinsam mit dem verblei­benden Gesell­schafter. Diese Zäsur des Ausschei­dens kann für ihn und die Gesell­schaft eine attrak­tive Möglich­keit sein, nochmal neu über die nächsten Jahre für sich persön­lich und die Gesell­schaft nachzudenken.